Die 1920er und das Leben in der magischen Welt

Gesellschaft & Co.

Gesellschaftlich unterscheidet sich die magische Welt eher von der nicht-magischen. Zauberer und Hexen sind sehr traditionsbewusst und legen viel Wert darauf, es so zu machen wie irgendwer irgendwann vor ihnen. Allerdings ist nicht so klar, wer, wann oder warum. Daraus ergibt sich ein pragmatischer Mischmasch, der aussieht wie ein gehobener historischer Kostümverleih: Wenn es alt aussieht und Stil hat, nehmen wir es, aber gegen einen BH und Knöpfe an der Hose kann niemand was haben. Die sind doch viel praktischer als Schnürkorsett und Klappen!
Daraus ergibt sich eine seltene Mischung von altertümlich und visionär, die auf den ersten Blick schwer zu greifen ist. Aber zur Orientierung findest du hier ein paar allgemeine Informationen:

Extravagante Kleidung ist sehr an die Muggelkleidung der Zeit angelehnt, aber oft mit Besonderheiten oder magischen Assessoires ausgestattet. Sich bewegende Muster oder unmöglich geschlungener Schmuck sind sehr in Mode. Geschäftsleute tragen häufig Anzüge. Auch Hexen können Anzüge bzw. Hosen im Allgemeinen tragen. Sie tragen dann aber natürlich nicht einfach Männerhosen, sondern die gerade in Mode kommenden Hosen für Frauen, die oft sehr weite Beine haben. Während das in der Muggelwelt als schick oder gar bedenklich schick wahrgenommen wird, ist es in der magischen Welt aber je nach Schnitt und Details alltäglich.
Weniger Modebewusste tragen oftmals Kleidung, die mehr aus dem vorherigen Jahrhundert stammt. Insbesondere Arbeiter und Handwerker tragen meist robuste, solide Kleidung, die nicht selten vererbt wurde, statt neu produziert worden zu sein. Wieso etwas wegwerfen, das mittels eines Zaubers geflickt und angepasst werden kann?
Rechtlich sind Hexen und Zauberer gleichgestellt. Es gibt kein Gesetz, das nur für Hexen oder Zauberer gilt (es ist beiden Geschlechtern verboten, im Ministerium Absätze zu tragen, die höher als 6 cm sind, seit dem bedauerlichen Vorfall mit George Hurstwood 1738). Hexen können seit Jahrhunderten Geschäfte führen, studieren, sich scheiden lassen, in die Politik gehen. Die Emanzipation der Muggelfrauen geht daher an der magischen Welt großteils vorbei.
Auch beruflich ist das Verhältnis von Hexen und Zauberern weitestgehend gleichgestellt, obwohl es je nach Nähe zur Muggelwelt gewisse Vorbehalte gibt, die aber mittlerweile als weiteres Anzeichen der Zurückgebliebenheit von Muggeln gedeutet werden. So sind viele Spitzenpositionen im St Mungo's oder auch im Ministerium von Hexen besetzt. Trotzdem ist es üblich, dass Frau sich um den Nachwuchs kümmert (ob nun Mutter oder Nanny) und meist eher für den Haushalt verantwortlich ist. Allerdings übernehmen Zauber und Hauselfen hier einen Großteil der Arbeit, weswegen ein erheblicher Teil der Hexen selbst dann mindestens in Teilzeit arbeitet, wenn es mehrere Kinder oder ein großes Haus zu versorgen gibt. Ministerium und Tradition sind große Fans von arbeitenden Hexen. Würden nur volljährige Zauberer zwischen 17 und 65 arbeiten, ließe sich die magische Welt gar nicht aufrecht erhalten.
Trotzdem gibt es viele Orte, die nur für ein Geschlecht gedacht sind. So werden natürlich Toiletten nach Geschlecht getrennt (öffentliche Toiletten sind überhaupt ein schwieriges Thema für Briten!), es gibt Herrenclubs und Damensalons, manche magische Sportarten trennen aus traditionellen oder sportlichen Gründen, oder einfach nur, um das andere Geschlecht zu ärgern. So gibt es nationale Frauen-Synchronflugmeisterschaften, bei denen Männer nicht zugelassen sind. Allerdings bestätigen Ausnahmen die Regel: Als Forrester McKenzie 1892 in den dafür vorgeschriebenen Kleidern (Rock, Leibchen und speziell geflochtener Zopf) angetreten ist, entschied die Jury, dass das rechtens war, da er allen Regularien entsprach, wobei sie feststellten, dass tatsächlich nirgends stand, dass die Teilnehmer weiblich sein mussten. Man hatte wohl einfach angenommen, dass Männer keinen Grund haben würden, einen Spagat auf einem fliegenden Besen zu machen. McKenzie machte den dritten Platz und nahm danach nie wieder an einem Wettbewerb teil.
Auch Geschäfte sind oft an die Bedürfnisse eines Geschlechts angepasst. So sind Schneider und Friseure bzw. Barbiere in aller Regel auf Damen oder Herren spezialisiert (Ausnahmen bilden beispielsweise Schneider für Berufskleidung und Uniform). Es gibt kein Gesetz, dass das vorschreibt. Aber einerseits spezialisieren sich die Dienstleister auf die Bedürfnisse ihrer Kund*innen. Andererseits sind diese Orte in den 1920ern insbesondere für die besser betuchte Gesellschaft auch einfach Aufenthaltsorte. Frauen und Männer gehen meist einmal die Woche zum Friseur oder Barbier, wo sie Freund*innen treffen und sich über Dinge unterhalten, von denen das andere Geschlecht vermeintlich nichts versteht. Wenn ein Barbier behauptet, auch Frauenfrisuren machen zu können, stößt das eher auf Misstrauen, so als ob ein Barrista erklärt, er könne auch guten Tee machen.
Kinder werden oftmals von Nannys oder in Horten betreut. In London gibt es mehrere dem Kindergarten ähnliche Einrichtungen für Vorschulkinder sowie Grundschulen für Kinder magischer Familien. Dort lernen die Kinder Grundlagen wie lesen, rechnen und schreiben und etwas über die magische Welt, aber selbst keine Magie. Daher kommt es vor, dass auch Squibs dort zur Schule gehen. Es gibt keine feste Schulpflicht, weswegen Privatlehrer ebenfalls keine Seltenheit sind. Auf dem Land gehen die Kinder entweder in allgemeine Grundschulen und bekommen von magischen Lehrern zusätzlich etwas über die magische Welt beigebracht oder sie lernen es von ihren Eltern.
Höflichkeit und Sittlichkeit sind auch in der magischen Welt Großbritanniens wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, als in der Muggelwelt der 1920er Jahre. Das heißt nicht, dass man seine Knie nicht zeigen darf, aber schlampige Kleidung oder unflätiges Benehmen werden im Kuhkaff der Zaubererwelt hart mit Getuschel, Missachtung und eventuell auch der einen oder anderen verbalen Rüge durch absolut Fremde auf der anderen Straßenseite gestraft.
Ein Grund für diese beinahe frenetische Höflichkeit ist das Bedürfnis, jede Form von Eskalation zu vermeiden. Briten sind allgemein sehr auf zivilen Frieden bedacht. Brennende Fahrräder oder Heuwagen wie in Frankreich sind ihnen ein Graus und die oberste Devise heißt, gesittet bleiben. Öffentliche Wutausbrüche, Beleidigungen oder gar feindseliges Verhalten wird mit großer Ablehnung begegnet (dafür gibt es schließlich Quidditch!), selbst Wesen zweiter Klasse kann man doch stilvoll beleidigen.
Finanziell leben viele der älteren (oft reinblütigen) Familien von den Dividenden ihres Vermögens, das nicht selten auch in Muggelwertgegenständen liegt, beispielsweise Ländereien oder Handelsaktien. Anders könnten sie sich den aufwendigen Lebensstandard selten finanzieren. Trotz Magie kostet ein Stadthaus in London einfach viel Geld. Allerdings macht sich die wirtschaftliche Krise hier auch in der magischen Welt bemerkbar und gerade solche für Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte sicheren Einkommensquellen versiegen langsam.
Für Otto Normalverbraucher ist die größte Einnahmequelle wenig überraschend der eigene Job, der gewöhnlich ausreicht, um über die Runden zu kommen (natürlich immer abhängig davon, wo man wie lebt, ne?).
Es gibt eine Art magische Krankenkassensystem in Großbritannien. Das heißt, man zahlt nicht für seine Behandlungen, das St Mungo's wird vom Ministerium finanziert. Es ist aber auch das einzige magische Krankenhaus in London und zuständig für die gesamte Bevölkerung der Stadt. Mit Magie geht das. Es gibt außerdem private Heiler, die aber selbst bezahlt werden müssen.
Die medizinische Versorgung im St. Mungo's ist gut, auch wenn man dort immer noch nichts von Bakterien weiß. Muss man ja auch nicht, wenn man sie magisch wegzaubern kann. Trotzdem sind Hausgeburten noch immer üblich und kleine Wehwehchen wie ein gebrochener Arm werden meist mit der Hausapotheke bestritten.

Die Liste oben bietet nur einige Informationen und wird regelmäßig erweitert, wenn neue Themen hinzukommen. Natürlich sind nicht alle Aspekte hier erklärt. Aber niemand erwartet von dir, dich perfekt auszukennen oder bei jedem Post diese Liste hier abzuhaken. Solltest du Fragen haben oder dir etwas unklar sein, melde dich bei der Spielleitung und wir klären das zusammen.